Freitag, 1. März 2013

Barranca del Cobre

Eigentlich wollten wir in Mazatlán noch mal ins Meer hupfen, aber das Wetter war nicht ganz so einladend, da haben wir es einfach vergessen. Viel wichtiger war ja eh, sich mal wieder rundherum versorgen zu können. So sind wir erfrischt Richtung Kupferschlucht gestartet.  Man sagt, sie sei mindestens genau so schön wie der Grand Canyon und eigentlich heißt es, man könne nur per Eisenbahn fahren. Was aber ein sehr teures Vergnügen ist, denn die einfache Tour kostet schon 110 US$, Übernachtung etc. kommt noch dazu.
Es gibt aber auch Straßen. Nur sind Karte, Straßenatlas, Google earth und Aussagen von Leuten nicht so recht konform. Was uns nicht abgeschreckt hat, wir sind mal munter losgefahren.
Bis Los Mochis war die Route klar, eigentlich auch bis El Fuerte. Da haben wir uns erfolgreich durchgefragt, sind eine unerwartet gute Straße lang gefahren, bis die plötzlich im Nichts endete. Nun gut, es war eh Zeit fürs Nachtquartier und der Platz am Ende der Straße hatte eine schöne Aussicht auf einen Stausee. Die wir nicht lange alleine genossen, alsbald tauchte ein Auto mit einem Paar auf, das uns ein wenig Gesellschaft leistete. Die schienen sich gut in der Gegend auszukennen, erzählten, wir seien gerade an der Grenze von Sinaloa zu Chihuahua und deswegen ginge die Straße nicht weiter, weil die beiden Bundesstaaten planungsmäßig sich nicht ganz einig seien.  Aber sie erzählten auch, es gäbe eine Straße zu der Barranca – ein Stück zurück und dann nach links.
Das haben wir am nächsten Tag gemacht, landeten in einem Dorf, wo uns ein freundlicher Autofahrer anbot, ihm einfach zu folgen. Das taten wir freudig, haben uns nur sehr gewundert, warum er immer weiter nach Süden fuhr, wo wir hergekommen waren. Aber irgendwann bog er ab, lotste uns noch ein Stück und meinte dann, wir sollten einfach immer nur der, inzwischen unbefestigten, Straße folgen. Die Piste war gar nicht schlecht, es war ein wenig Verkehr – das konnte nicht ganz falsch sein. Bis wir in einem Dorf mit mehreren Wege-Möglichkeiten landeten. Alsbald kam ein LKW, der uns die Richtung wies, nur standen wir bald vor einer T-Kreuzung, die uns Rätsel aufgab, denn beide Möglichkeiten konnten richtig sein. Das Kartenmaterial gab schon lange nichts mehr her, Schilder gibt es nicht, und wenn doch mal eins da ist, hilft es gar nicht weiter. Das Navi bot auch nur noch ein wenig Topographie, aber keine Straßen mehr. Freundlicherweise kam bald wieder ein Auto, dessen Fahrer uns nach links schickte.
Die Landschaft wurde immer grandioser, die Staubstraße war nicht all zu schlecht, das Wetter war großartig, so sind wir munter weitergerumpelt und haben die phantastischen Aussichten genossen. Nur mit einem Übernachtungsplatz sah es nicht sehr gut aus – enge Straße, rechts ging’s steil rauf, links steil bergab. Endlich hatten wir einen Platz gefunden, an dem die Piste recht breit war und wir niemanden behindert hätten. Gerade als ich dabei war, das Abendessen zu richten, hielt ein LKW, der Fahrer kam und meinte recht besorgt, wir könnten da nicht stehen bleiben. Die Leute in der Gegend seien sehr eigen und kämen mit Gewehren – es sei viel zu gefährlich für uns. Normalerweise geben wir nicht allzu viel auf so etwas, aber zuvor hatte uns schon ein Autofahrer gewarnt.  Das gab uns dann doch ein wenig zu denken, wir haben unser Abendessen verspeist und sind weitergefahren. Was im Dunklen auf einer unbefestigten, engen, kurvigen Straße ohne jede Beleuchtung nicht wirklich lustig ist.
Nach ca. einer halben Stunde hatten wir ein Dorf erreicht, in dem wir einfach mitten drin stehen geblieben sind. Und hatten, da auf ca. 2.200 Metern Höhe, die bisher kälteste Nacht. Nur 4° in der Früh beim Aufstehen, da war ich schon froh um meinen Zimmerservice - Klaus steht immer tapfer als Erster auf und macht den Kaffee.
Recht bald sind wir dann aufgebrochen und das war auch gut so, denn wir hatten noch einiges vor uns; weniger an Weg, mehr an Zeit. Nachdem ein Dorfbewohner die richtige Richtung gewiesen hatte, sind wir auf einer recht schlechten Staubstraße Richtung Urique, einem Ort im Nationalpark der Barrancas, geholpert. Erst ging es nur durch Wald, bald aber gab es grandiose Aussichten, die immer phantastischer wurden. Da brauchte es schon einige Zeit, weil wir immer wieder anhalten und gucken mussten. Auf der größten Höhe des Canyons del Urique ist ein aufwendig angelegter Mirador – ein Aussichtspunkt – der einen wirklich atemberaubenden Panorama-Blick auf die Landschaft bietet. Der Vergleich mit dem Grand Canyon ist sicher gerechtfertigt, wenn sich hier die Natur nicht gar noch ein wenig mehr angestrengt hat.
Und wir waren völlig alleine, außer uns kein Mensch weit und breit.
Der Mexiko-Straßenatlas zeigte eine Straße von Urique nordwärts Richtung Eisenbahn zur Barranca del Cobre, so hätte man den Naturpark durchqueren können, was wir uns ganz toll vorgestellt haben. Von oben waren einige Wege/Straßen/Pisten erkennbar, die uns optimistisch stimmten. So haben wir uns also tapfer die staubigen Serpentinen runter ins Tal nach Urique gequält, um dann da zu erfahren, dass es eine solche, befahrbare, Straße nicht gibt. Dafür gibt es Anfang März einen Marathonlauf durch die Berge mit ca. 120 Teilnehmern aus aller Welt. Toll – aber das war nicht so ganz das, was wir wollten.
Also haben wir uns wieder die ca. 1.700 Höhenmeter nach oben gearbeitet, um eine andere Straße, weiter westlich, zur Barranca del Cobre zu versuchen, die auch im Mexiko-Atlas verzeichnet ist. Das klappe relativ gut und in einem kleinen Dorf fanden wir einen netten Übernachtungsplatz. Am nächsten Morgen ging es auf einer recht guten Piste weiter, wir fanden die Eisenbahn-Trasse, waren nur ein wenig irritiert, wie es im nächsten Ort am Bahnhof weiter gehen könnte.  Vor dem Waggon die Gleise überqueren und dann steil abwärts –darauf muss man erst mal kommen….
Durch eine sehr schöne Berglandschaft ging es prima dahin, nach einigen abenteuerlichen Baustellen tat sich eine schöne breite Asphaltstrasse auf, deren Komfort wir nach zwei Tagen Gerumpel über Staub-Pisten sehr genossen haben. Und wieder einmal stimmte nix: der Straßenverlauf nicht mit dem in den Karten überein, die Hinweisschilder brachten nur zusätzliche Verwirrung und das naseweise Navi-Fräulein hatte noch eine ganz andere Idee. Der wir, wagemutig wie wir nun mal sind, spontan folgten. So sind wir – vermutlich – an dem einzigen Punkt gelandet, von wo aus man eine tolle Aussicht in die Barranca del Cobre hat. Jedenfalls kostete die Zufahrt 20 Pesos pro Nase (ca. 1,25 €) und dafür gab es aufwendig angelegte Aussichtsbalkone. Schon sehr schön, aber man kann nicht recht weit in den Canyon hineinsehen, da war Urique um einiges spektakulärer. Da hatte man ein gigantisches Panorama vor sich, konnte bis ins Tal hinab sehen und eben auch hinunterfahren.
Da stimmt Klaus’ Lieblings-Spruch mal wieder: je schlechter die Straße, desto schöner die Landschaft. Es ist halt um einiges mühsamer, dort hinzukommen. Zur Barranca del Cobre kann man inzwischen von Chihuahua aus ganz komfortabel auf einer breiten Teerstraße fahren, hat dafür aber auch weniger Aussicht. Für uns jedenfalls hatte sich die Mühe gelohnt, die Strecke, die wir gefahren sind, ist unglaublich schön und spektakulär. Vielleicht weiß man aber auch nur die Schönheit der Landschaft zu schätzen, wenn es einem nicht gar so leicht gemacht wird.



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