Mittwoch, 19. Juni 2013

Mücken und Mitternachtssonne

War das Bären-Aufkommen in British Columbia noch außerordentlich hoch, ließ es leider im Yukon Territory mächtig nach, nur noch 4 am nächsten Tag. Aber offensichtlich haben wir eine Menge Glück gehabt, die meisten Leute waren froh, wenn sie überhaupt einen Petz gesehen haben.
In Watson Lake haben wir Mittagsrast in einem netten Park am See gemacht und natürlich die Attraktion – den „Sign Post Forest“ angeguckt. Da hat mal ein heimwehkranker US-Bürger ein Schild seiner Heimatstadt angenagelt und seitdem sammeln sich hier Orts- und sonstige Schilder. Sollte also jemand hier her kommen und sich verewigen wollen: unbedingt ein Ortsschild einpacken ! Ein altes Auto-Nummernschild tut es auch.

Whitehorse ist die Hauptstadt von Yukon und beherbergt mit ca. 27.000 Einwohnern mehr als ein Drittel der Gesamtbevölkerung.  Was bei uns ein kleines Städtchen ist, ist hier die Metropole. Am Ortseingang liegt – an Land – ein alter Schaufelraddampfer, sehr liebevoll hergerichtet, den man besichtigen kann. Man bekommt eine Broschüre, die alle Details erklärt und darf dann alleine (und kostenfrei!) das Schiff erkunden. Es bietet zwar nicht ganz den Luxus heutiger Kreuzfahrtschiffe, aber sicher ist es viel schöner, mit so einem Dampfer eine Reise zu machen.
Von hier aus fahren die meisten Leute weiter den
Highway nach Alaska, während wir, versehen mit Gas, Benzin und jeder Menge Futter, nach Norden zum Klondike Highway abgebogen sind.  Landschaftlich ist er ein wenig langweilig, die Fauna hält sich sehr bedeckt (keine Bären!) und der Zustand ist auch nicht mehr ganz so gut.  Da schon Permafrost-Gebiet, hat die Straße viele Frostbeulen und stellenweise gibt es ein rechtes Achterbahn-Gefühl.
Da nun schon sehr weit nördlich, wird es nicht mehr wirklich dunkel. Und es ist richtig warm, auch spät abends noch. Wir hatten schon 28° um Mitternacht, wobei es taghell ist, man braucht kein Licht mehr.
Aber auch die Mücken sind da, an denen wir uns nun sportlich abarbeiten. Schon in Australien gesehen und nun in Amiland gekauft, kommt der elektrische Tennisschläger zum Einsatz. Der verbruzzelt mittels Batterie und Drähten die Insektenbrut. Funktioniert prima! Aber so schlimm wie erwartet ist es mit den Mücken gar nicht, nicht wesentlich anders als bei uns im Sommer.
Eigentlich hätten wir gar nicht nach Dawson City müssen, wenn die Tankstelle vorher an der Abzweigung zum Dempster Highway noch in Betrieb gewesen wäre. Aber tanken war nötig, so haben wir uns einen RV-Platz gegönnt und haben ein wenig
Sightseeing in dem niedlichen Ort gemacht. Der eine Metropole – und die Hauptstadt von Yukon - zu Zeiten des Goldrauschs war, nun wie ein Freilichtmuseum wirkt, aber tatsächlich noch lebt. Vom Tourismus natürlich, aber mit durchaus viel Charme.

Mit dem Dempster Hwy beginnt die letzte Etappe der Reise, ca. 740 Km bis nach Inuvik, auf einer ungeteerten, aber gut befahrbaren Straße. In den Prospekten war vollmundig die Rede vom letzten Abenteuer in Kanada und einer wildromantischen Straße, das ist vielleicht etwas Touristen-Prosa, aber tatsächlich ist die Landschaft überraschend schön und sehr abwechslungsreich. Es ist viel bergiger als wir angenommen hatten und die Tundra ist nicht ganz baumlos, somit gar nicht eintönig.
Zwar hält sich auch hier die Fauna recht versteckt, aber ein paar niedliche Schneeschuh-Hasen (grau, mit weißen Pfoten) kreuzten unseren Weg, an einem Übernachtungsplatz hat uns ein „Arktisches Erdhörnchen“-Paar unterhalten. Und Bären standen wieder malerisch am Straßenrand. Einen haben wir wohl aufgeschreckt, wir haben ihn nur noch in einem Seitenweg recht hurtig davon traben gesehen.

Hinter dem Polarkreis wurde es dann doch ein wenig kühler, zumindest ging ein recht heftiger Wind, bei dem es im T-Shirt etwas zu schattig war. Es ist warm, wenn der Himmel klar und wolkenfrei ist, aber sobald es bedeckt, gar neblig ist, wird es gleich empfindlich kalt. Die Luft ist halt nicht aufgewärmt und hat auch wenig Chancen dafür, denn noch immer gibt es reichlich Schneefelder.

Ungefähr auf der Hälfte des Weges findet man mit dem Eagle Plains Hotel (+ Tankstelle und Werkstatt) zum ersten Mal wieder ein wenig „Zivilisation“ von der wir aber nur die Tankstelle in Anspruch genommen haben. Hotel und Restaurant brauchen wir nicht und der Campingplatz sah nicht sehr einladend aus. In der weiten, menschenleeren Landschaft findet man immer einen Platz, an dem man für die Nacht stehen bleiben kann.
Bis zur Grenze in die Northwest Territories hatten wir prima Wetter, kaum haben wir uns am Nachmittag auf einem netten Platz für die Nacht eingerichtet, kamen von allen Seiten dicke,
schwarze Wolken. Es begann ordentlich zu regnen und zu gewittern und wurde entsprechend kalt. Da waren doch noch mal Socken und warme Pullover angesagt. Aber am nächsten Morgen schien wieder die Sonne und es wurde bald auch wieder warm.
Weiter nach Norden sind zwei Flüsse zu
überqueren, der Peel River und der Mackenzie. Im Winter fährt man einfach über das Eis, im Sommer gibt es jeweils eine kostenlose Fähre. Brücken zu bauen ist wegen des Permafrosts extrem schwierig und damit auch extrem teuer, das lohnt sich bei dem geringen Verkehr nicht.


Iglu-Kirche in Inuvik
Am 4. Tag auf dem Dempster Hwy  sind wir in Inuvik angekommen, die nördlichste Stadt, die man im Sommer über die Straße erreichen kann. Hier geht zwischen Mitte Mai und Mitte Juli die Sonne definitiv nicht unter. So habe ich nun einen Geburtstag mit 24 Stunden Sonne. Und dann auch noch der 60.! Das ist doch mal eine ganz extravagante Variante für so einen Tag. 

1 Kommentar:

  1. Na, herzlichen Glückwunsch! Wir freuen uns, wenn ihr wieder heile Heim kommt. Dann feiern wir noch nach, wenn's gefällt.

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