Samstag, 13. August 2011

Von den Karpaten zum Schwarzen Meer

In Sibiu (ehemals Hermannstadt) haben wir die Frau unseres Begleiters abgeholt, die von München mit dem Bus nachgekommen ist. Nach einer weiteren Übernachtung auf einem heimeligen Campingplatz südlich, in Michelsberg, brachen wir auf, um auf der „Transfagarasan“ die Karpaten zu überqueren. Das ist eine sehr schöne Straße zwischen den beiden höchsten Gipfeln. Nur war es wohl eine nicht ganz so gute Idee, das an einem Samstag zu tun, denn halb Rumänien hatte den selben Plan. Die ohnehin sehr schmale Straße war alsbald zugestaut, rechts und links wurde recht unorthodox geparkt, weil man gerne im Grünen nebenan picknickt, lustwandelt und zeltet. Wir sahen die absonderlichsten Manöver, ein Auto noch in irgend eine Lücke am Straßenrand zu bugsieren – da hingen schon mal die Hinterräder einfach in der Luft.
So hatte die Raufschleicherei zum Tunnel auf dem Paß wenigstens einige heitere Momente, die durchdrehende Nerven im Zaum hielten.
Doch, man kann sagen, die Rumänen haben ein durchaus heiteres Gemüt. Im Tunnel dann, vor dessen Einfahrt ein großes Hupverbotsschild prangte, schlich ein großes weißes Wohnmobil  langsam vor uns her - vor ihm war alles frei. Was Klaus veranlaßte (gelegentlich verläßt auch ihn die Geduld) mal kurz das große Horn auf dem Dach zu bedienen.  Woraufhin eine fröhliche Melodei ertönte – jeder hupte, was die Batterie hergab und keiner wußte eigentlich, warum.  Aber jeder hatte Spaß dabei.
In Anbetracht des nicht gerade Vertrauen einflößenden Zustands des Tunnels kamen mir einige Bedenken wegen des an der Tunneleinfahrt explizit hervorgehobenen Hupverbotes und ich sah schon hinter uns das herunterkrachende Gestein, das sich ob der massiven Schallwellen gelockert hat.
Aber – uff – gerade noch mal gut gegangen....
Und der Verursacher fuhr fröhlich, sich keiner Schuld bewußt, weiter seiner Wege.
Auf dem Weg Richtung Osten wollte unsere Begleitung in Bran eine nette Burg anschauen, aber den Kapitalismus haben die Rumänen offenbar noch nicht ganz verinnerlicht. Die Stadt war voller Touristen, entsprechend gab es jede Menge Andenkenbuden mit grausigem Kitsch, die Parkgebühren waren durchaus gepfeffert. Wobei Klaus den Ticket-Verkäufer noch heruntergehandelt hatte – der wollte 21 Lei, die Gebühr für einen Reisebus, von uns.  Das blaue Auto brauchte aber – quer – nur 3 PKW-Stellplätze, der je 3,50 kostete. Nach viel Gezeter war der Parkplatzwächter dann endlich mit 10,50 zufrieden.
Bei der Burg angekommen, fanden wir eine riesige Warteschlange in der prallen Sonne vor. Was mich sofort abschreckte, uns dann kopfschüttelnd umkehren ließ, als wir feststellten, daß das Kassenhäuschen gar nicht besetzt war. Einlaß erst ab 12 Uhr, es war ca. ½ 12 Uhr.
Wie blöd ist das denn, eine offensichtliche Touristenattraktion, an einem schönen Sommertag dazu, erst mittags aufzusperren??
Wir sind ohnehin nicht auf Touri-Belustigung aus, olle Burgen hat’s in der Fränkischen Schweiz  mehr als genug, so sind wir weitergefahren, haben ein gemütliches Picknick außerhalb der Stadt gemacht und auf unsere „Verfolger“ gewartet, die tapfer das Burg-Programm durchgezogen haben.
Nachdem wir die Ostkarpaten, die sehr alpin und wirklich idyllisch sind, überquert hatten, war es dann auch genug mit Bergen und wir haben uns auf das Donau-Delta gefreut, das ein Nationalpark mit vielen Vögeln und artenreicher Vegetation ist. Touristisch ist es noch kaum erschlossen, dennoch waren wir so dumm, statt mit einem örtlichen Fischer durchzufahren, einem kommerziellen Angebot zu folgen. Mit einem kleinen klapprigen Motorboot schipperte man uns Vier ein wenig herum, was ganz nett, aber wenig aufschlußreich war. Wenn schon eine Tour angeboten wird, erwarten wir auch etwas Erläuterung, ein bißchen mehr Text als „Da – Pelikane“ oder „Haubentaucher“.
Wie gesagt, der Kapitalismus hat hier seine volle Blüte noch nicht erreicht, was zwar eigentlich kein Fehler ist, aber doch seltsame Erscheinungsweisen zeigt. Noch ist das Preisniveau sehr niedrig, aber das Mißverhältnis zwischen Preis und Leistung ist oftmals eklatant.
Inzwischen sind wir an der Schwarzmeerküste bei Constanta angelangt, machen auf vielfachen Wunsch eines einzelnen Herrn in unserm Gefolge hier Station, was ansonsten nicht unserer Intention entspricht und hoffen, recht schnell weiterfahren zu können.




Freitag, 5. August 2011

Sommer in Balkanien

Nach 3 Monaten daheim steigt das Reisefieber, Klaus scharrt mit den Hufen und das große blaue Auto will endlich auch wieder auf die Straße.
Versehen mit allerlei neuen schicken Details und komfortablen Verbesserungen durfte die mobile Zweitwohnung Ende Juli aus der Scheune und Richtung Südosteuropa starten.
Das für Nordlichter und uns schon im Bayerischen Wald anfängt, wo wir die erste Nacht verbrachten. Es ging weiter über Tschechien in die Slowakei und wider Erwarten wurde das Wetter immer schlechter. Ein Wolkenbruch durchnäßte uns vollkommen, als wir durch Trencin liefen und ab da war es eher kühl, feucht und grau.
Was uns, vor allem nach Australien mit dem Toyota, den Komfort des 911ers genießen ließ.  Ein warmes Dach über dem Kopf mit Bad, Küche und Wohnzimmer, es regnet nur unwesentlich hinein und man kann abends gemütlich herumlümmeln. Ohne nasse Füße und ohne zu frieren. 
In Anbetracht des recht unfreundlichen Wetters haben wir auch Ungarn recht flott durchfahren, auf Besserung in Rumänien hoffend.


An der Grenze, die erste, an der es noch Personal und Kontrollen gab, war der junge Mann völlig mit dem Auto überfordert. Hartnäckig wollte er uns auf die LKW-Spur schicken, was Klaus ebenso hartnäckig verweigerte. Die älteren Kollegen, die der verzweifelte Grenzer dann um Hilfe bat, winkten nur freundlich und wir durften passieren. Und schon trafen wir auf die ersten Rumänien-Klischees. Schmutzige Jungs belagerten uns und versuchten, Euros zu erbetteln. Sie ließen sich nicht abweisen, einer kletterte am Auto hoch, da half nur das energische Losfahren, ab in die Karpaten.



Der Norden Rumäniens, an der Grenze zur Ukraine, ist tatsächlich noch recht archaisch. Kleine, armselige Häuschen in den Dörfern, vor denen alte Leute auf (überdachten) Bänkchen sitzen,
aber die Pferdekarren auf den Straßen sind nicht mehr in der Überzahl, die Motorisierung setzt sich vehement durch.

Leider haben wir von den alpinen, waldreichen Karpaten nicht allzuviel genießen können, da dicker Nebel die Aussicht meist erheblich beschränkte. Aber von der Holzbau- und Schnitzkunst haben wir einiges gesehen, wirklich schön ist die (wiederaufgebaute) Klosteranlage in Barsana.
Um die restlichen Rumänien-Klischees zu bedienen: an den Straßen sieht man etliche Zigeuner-Familien lagern, man wird von Kindern angebettelt und in den Städten ist noch viel vom Ceaucescu-Erbe zu spüren, zumindest was die äußerst häßlichen Bauwerke angeht.
Aber ein wirtschaftlicher Aufschwung ist deutlich sichtbar.
Bei den vielen neu gebauten Häusern ist die Architektur oft sehr hübsch und originell, allerdings liebt man Anstriche in äußerst grellen Farben. Lila, pink, neongelb, kreischgrün, signalrot – und das gelegentlich auch noch in äußert gewagten Kombinationen.  Möglicherweise ist das Ausdruck des Optimismus und der neu erwachten Lebensfreude, denn unsere erste Idee der Sehnsucht nach Farben, weil es eine etwas düstere, lichtlose Gegend ist, stimmt gar nicht.


Das Wetter besserte sich erheblich und wir wollten natürlich unbedingt durch Transsilvanien fahren. Und waren völlig verblüfft, eine freundliche, hügelige und gar nicht düstere Landschaft zu erleben. Wir fanden auf einer frisch gemähten Wiese einen idyllischen Übernachtungsplatz mit viel Aussicht über die Gegend, einem Schäfer mit seiner Herde und konnten uns überhaupt nicht vorstellen, was Bram Stoker hier zum „Dracula“ inspiriert haben könnte.
Selbst als wir Sighisoara mit dem vermutlichen Geburtshaus von Vlad, dem Pfähler – dem literarischen Vorbild des Grafen Dracula – besuchten, kam nicht ein bißchen Grusel auf.


Das ist mal ein Klischee, das so gar nicht stimmt. Na ja, den vorsorglich mitgebrachten Knoblauch werden wir schon noch in der Küche verwenden können...
Jetzt sind wir in Siebenbürgen, nahe Sibiu, ehemals Herrmannstadt. War es schon angenehm, in einem romanischen Land zu sein, in dem man mit Grundkenntnissen von Italienisch und Französisch halbwegs gut durchkommt, ist es jetzt geradezu Luxus, mit Auskünften in beinahe makellosem Deutsch verwöhnt zu werden. Wir hatten Polizisten nach dem Weg gefragt und bekamen von dem recht jungen Kollegen eine perfekte Beschreibung.  Die uns dennoch ein wenig verwirrte, denn er gab uns deutsche Ortsbezeichnungen, unsere Karten und Navis sind aber nur rumänisch.
Apropos Navi: kein Verlaß drauf!!! Trotz zeitnaher Aktualisierung sind wir gelegentlich ganz schön herumgeirrt. Jetzt sind wir im Besitz eines schönen, genauen Straßenatlas und Klaus lernt, mir und den Karten mehr zu vertrauen.
Wir sind nicht alleine unterwegs, Erhard begleitet uns mit seinem schicken Wohnmobil. Was hie und da an seine technischen Möglichkeiten stößt. Wir sind gerne abseits der großen Straßen unterwegs, weil die Gegend um so schöner, je unzugänglicher sie ist. Aber rumpelige, ungeteerte Straßen kann so ein moderner weißer Kasten mit seinen kleinen Rädchen einfach nicht.
Da sind immer wieder Kompromisse erforderlich.
Wir werden uns noch ein wenig in Rumänien herumtreiben, ehe wir uns an die Erforschung Bulgariens machen. Um dann zu gucken, ob wir in Griechenland zur Rettung des Euro beitragen können.


Wir waren das nicht - das rote Auto hatte schon vorher schräg geparkt!