Samstag, 9. März 2013

Canyons und Indiander



Nachdem wir das Wüsten-Museum ausgiebig durchstreift hatten, sind wir Richtung Grand Canyon aufgebrochen. Wir kamen bis kurz hinter Phoenix und haben das Nachtlager auf einem Rastplatz mit dem viel versprechenden Namen „Sunset Point“ aufgeschlagen. Da stand ein TV-Ü-Wagen und wir dachten schon, die sind da, um einen spektakulären Sonnenuntergang zu filmen. Aber weder war der Sonnenuntergang spektakulär noch hatten die Leute den gefilmt.
Kurz zuvor muss es dort eine verwegene Verfolgungsfahrt zwischen Polizei und einem Autodieb gegeben haben – darum ging es, wie uns der lustige Kameramann erzählte.
Na gut, man kann nicht alles haben, der Platz war dennoch ganz o.k. und wir hatten eine geruhsame, wenn auch etwas kalte Nacht. Tagsüber ist es schon recht warm, aber da wir uns um die 2.000 Höhenmeter bewegen, sind die Nächte recht frisch. Es liegt auch noch einiger Schnee, wenn auch nicht mehr als geschlossene Decke. Was aber der Landschaft einen ganz eigenen Reiz gibt.
Den Mount Kendrik, den Hausberg von Flagstaff, sieht man schon von weitem und er hat uns noch eine ganze Weile begleitet, bis wir am Tagesziel angekommen waren. Bis Grand Canyon Village
haben wir alle Aussichtspunkte abgeklappert, aber welche auszulassen wäre schon eine touristische Sünde gewesen. Wir hatten auch noch Glück mit prima Wetter und einer außerordentlich klaren Luft, so dass man sehr weit sehen konnte.
Tja – die mexikanischen Barrancas kann man überhaupt nicht damit vergleichen, das ist eine ganz andere Landschaft. Den Grand Canyon hat man schon –zigfach auf Bildern, in Filmen gesehen, er überrascht deswegen nicht wirklich. Wenngleich es natürlich traumhaft ist, in Natura hinein zu gucken. Von der Barranca del Urique hatte ich kaum eine Vorstellung, da war sicher der Überraschungseffekt ein sehr viel Größerer. Aber auch die Unberührtheit war ein wesentlicher Punkt für die Begeisterung. Da steht man ganz alleine vor einer großartigen Landschaft, in die man sich mühsam hineinarbeiten musste – das hat schon einen ganz besonderen Reiz. Und so bleibt als Fazit für mich: beides grandios, aber unvergleichlich.
Am nächsten Tag sind wir zurück nach Flagstaff gefahren, um einige Dinge zu erledigen und haben beim Sunset Crater Vulcano im Wald genächtigt.  Ca. im 12. Jahrhundert ist eine gewaltige Magma-Masse durch die Erdoberfläche geschossen und hat den Berg gebildet. Diese Eruption hat die Gegend nachhaltig verändert und die Bewohner erst einmal vertrieben, da die Gegend unbewohnbar wurde. Leider sind die hübschen Informationsbroschüren, die man immer wieder gereicht bekommt, nicht sehr präzise und so rätseln wir herum, ob die Indianer-Häuser schon vorher existiert haben, später wieder besiedelt wurden oder erst danach entstanden sind.
Jedenfalls haben wir einige sehr eindrucksvolle Ruinen in Wupatki angeschaut und waren begeistert von der Wohnlage!
Eigentlich wollten wir die Straße wieder weiter nördlich, nach Page, fahren, aber nach Cameron
war sie gesperrt und man schickte uns auf eine großräumige östliche Umleitung. Wir sind geübt darin, das Beste aus den Dingen zu machen und so sind wir einfach ein Stückchen weiter als die empfohlene Umleitung gefahren und haben gleich noch das Navajo National Monument mit besucht. Da gibt es die Überreste einer Siedlung in einer Felsenhöhle, zu der man auf einem sehr hübschen Weg laufen kann. Was bei strahlender Sonne, gemütlicher Wärme, klarem Himmel und schmelzenden Schneeflecken gleich noch ein Naturerlebnis dazu war.  Der Campingplatz war auch ganz idyllisch und kostenlos, nur waren die Restrooms abgesperrt, weil das Wasser eingefroren war. Nu ja… haben wir ja alles selbst dabei, da will man mal nicht kleinlich sein. Für umsonst darf das schon mal sein.
Weiter ging’s zum Zion NP, die nächste äußerst aparte Ansammlung von Gestein, nur wieder ganz anders geformt. Man wundert sich doch immer wieder, wie kreativ die Natur ist und kann nur über die Kräfte staunen, die da wirken. Wir bewegen uns in einem nicht sehr großen Raum, weitgehend auf dem Colorado Plateau, und dennoch ist die Gestaltung der Erdoberfläche völlig unterschiedlich. Ca. 100 Kilometer weiter im Bryce Canyon haben andere Einflüsse ein ganz anderes Bild geschaffen. Nicht nur wegen des eisigen Windes war das ein atemberaubendes Erlebnis. Man läuft oben an der Kante entlang und die ist am höchsten Punkt fast 2.500 Meter hoch. Eigentlich ist es gar kein Canyon, weil kein Fluss diese Landschaft geformt hat. Die Hoodoos, die Steinsäulen, sind durch Witterungseinflüsse entstanden und mich hat dieser „Canyon“ an eine Kristalldruse erinnert. Aber da hat sicher jeder seine eigenen Assoziationen.
Langsam wird es ein wenig stressig, weil wir Mitte März erst mal heimwärts reisen wollen. Und auf dem Weg nach Denver/Colorado zum Flughafen liegt noch einiges, das man anschauen könnte.

Freitag, 1. März 2013

Ins Kaktus-Land


Die Barrancas liegen in der Sierra Tarahumara, die das Gebiet des gleichnamigen Indianerstammes ist, der dort noch immer, teilweise als Halbnomaden, lebt. Creel, ein kleines Städtchen nördlich der Barrancas, ist das Zentrum der sesshaften Indianer. Da konnten wir uns mit Benzin und frischem Geld versorgen und sind weiter Richtung USA gefahren. Danach ging es durch eine wunderschöne Landschaft, die die Karte als Sierra Verde bezeichnete und uns teilweise an die Fränkische Schweiz erinnerte. Nur sind die Täler weiter und die Berge höher.
Es war uns nicht ganz bewusst, wie hoch wir eigentlich sind und nachdem wir eine sehr, sehr kalte Nacht mit Morgen-Aufwach-Temperatur von 0° hatten, hat Klaus bei der Auswertung von den Navi-Daten 2.600 Meter festgestellt. Da haben uns die Eisblumen am Fenster nicht mehr gewundert.
Auf dem weiteren Weg lag noch ein Naturpark, der einen Wasserfall versprach, dem wir nicht widerstehen konnten. Der Wasserfall war wg. Trockenzeit ein wenig mickrig, aber die Landschaft ringsum durchaus wunderschön. Das muss man den Mexikanern lassen – Gebirge können sie wirklich gut. Und sie haben so viel davon…. Auf den nächsten paar hundert Kilometern, schon im Bundesstaat Sonora, ging’s bis kurz vor Hermosillo weiter auf und ab durch eine traumhaft schöne Landschaft. Erstaunlich nur: es ist eine sehr gute Strasse durch ein fast menschenleeres Gebiet. Kurz vor der Stadt wurde es flacher und gleich wüstenhaft. Und das Land wurde bewirtschaftet. Allerdings haben wir uns gewundert, warum man Zaunpfähle anbaut. Ziemlich lange entlang der Strasse sah man nur, ordentlich angeordnet, riesige Felder mit Holzstöcken in der kargen Erde. Bis sich nach ein paar Kilometern des Rätsels Lösung bot: es war die Vorbereitung für Weinanbau. Wein in der Wüste – das wird aber eine sehr trockene Sorte sein….
Hinter Hermosillo hatten wir noch einmal eine lauschige Nacht an einer Pemex-Tankstelle und da war schon die Nähe zur US-Grenze spürbar. Was man sonst kaum gesehen hatte, gab es hier vielfältig. Arme, kaum lebensfähige Gestalten, die irgendwie versuchen, sich durchzuschlagen. Da bleibt zu hoffen, dass Mexiko sich tatsächlich so gut entwickelt, wie es bisher (für uns) den Anschein hatte und die Menschen nicht mehr auf eine bessere Zukunft in den USA setzen müssen.
In Nogales sind wir dann wieder in die USA eingereist, was ein wenig bürokratischen Aufwand erforderte. Was man genau wollte, habe ich gar nicht richtig verstanden, weil mir das Meiste recht unsinnig erschien. Wir hatten ja alles: Klaus sein Visum, ich meine ESTA und die sogar noch mal in Print-Version, Papiere für’s Auto – alles da. Aber da fragt man besser nicht, macht einfach brav, was sie von einem verlangen. Und ärgert sich, dass man nicht dran gedacht hat, dass die Amis so pingelig mit der Einfuhr von Lebensmitteln sind. Haben die doch glatt das meiste für unser Abendessen konfisziert…
Also haben wir uns nach erfolgreicher Einreise erst mal eine Tüte Ami-Fast-Food  gegönnt: Burger und Fritten. Auch ganz nett nach den vielen Tacos, die ich endlich beinahe elegant essen kann, ohne mich völlig vollzukleckern.
Erstes Ziel in Arizona: Sequoia National Park bei Tuscon. Hier stehen sie ja nun wirklich reichlich herum, die klassischen Säulenkakteen. Der Campground bietet das richtige Wüsten-Gefühl – alles da außer Duschen. Aber das war nun nicht das große Problem, denn es gab Frisch- und Abwasser, da konnten wir ausgiebig unser hauseigenes Mini-Bad benutzen.
Abends dachte ich, draußen geht die Mega-Party ab, aber das waren nur die Koyoten. Die jaulen herum wie junge Hunde und das eben hört sich erst mal an wie eine wüste Teenie-Fete.  
Zum NP gehört ein Wüsten-Museum, das sehr anschaulich die Region - ihre Entstehung und die Fauna & Flora zeigt.

Keine Koyoten - nur niedliche Präriehunde



Barranca del Cobre

Eigentlich wollten wir in Mazatlán noch mal ins Meer hupfen, aber das Wetter war nicht ganz so einladend, da haben wir es einfach vergessen. Viel wichtiger war ja eh, sich mal wieder rundherum versorgen zu können. So sind wir erfrischt Richtung Kupferschlucht gestartet.  Man sagt, sie sei mindestens genau so schön wie der Grand Canyon und eigentlich heißt es, man könne nur per Eisenbahn fahren. Was aber ein sehr teures Vergnügen ist, denn die einfache Tour kostet schon 110 US$, Übernachtung etc. kommt noch dazu.
Es gibt aber auch Straßen. Nur sind Karte, Straßenatlas, Google earth und Aussagen von Leuten nicht so recht konform. Was uns nicht abgeschreckt hat, wir sind mal munter losgefahren.
Bis Los Mochis war die Route klar, eigentlich auch bis El Fuerte. Da haben wir uns erfolgreich durchgefragt, sind eine unerwartet gute Straße lang gefahren, bis die plötzlich im Nichts endete. Nun gut, es war eh Zeit fürs Nachtquartier und der Platz am Ende der Straße hatte eine schöne Aussicht auf einen Stausee. Die wir nicht lange alleine genossen, alsbald tauchte ein Auto mit einem Paar auf, das uns ein wenig Gesellschaft leistete. Die schienen sich gut in der Gegend auszukennen, erzählten, wir seien gerade an der Grenze von Sinaloa zu Chihuahua und deswegen ginge die Straße nicht weiter, weil die beiden Bundesstaaten planungsmäßig sich nicht ganz einig seien.  Aber sie erzählten auch, es gäbe eine Straße zu der Barranca – ein Stück zurück und dann nach links.
Das haben wir am nächsten Tag gemacht, landeten in einem Dorf, wo uns ein freundlicher Autofahrer anbot, ihm einfach zu folgen. Das taten wir freudig, haben uns nur sehr gewundert, warum er immer weiter nach Süden fuhr, wo wir hergekommen waren. Aber irgendwann bog er ab, lotste uns noch ein Stück und meinte dann, wir sollten einfach immer nur der, inzwischen unbefestigten, Straße folgen. Die Piste war gar nicht schlecht, es war ein wenig Verkehr – das konnte nicht ganz falsch sein. Bis wir in einem Dorf mit mehreren Wege-Möglichkeiten landeten. Alsbald kam ein LKW, der uns die Richtung wies, nur standen wir bald vor einer T-Kreuzung, die uns Rätsel aufgab, denn beide Möglichkeiten konnten richtig sein. Das Kartenmaterial gab schon lange nichts mehr her, Schilder gibt es nicht, und wenn doch mal eins da ist, hilft es gar nicht weiter. Das Navi bot auch nur noch ein wenig Topographie, aber keine Straßen mehr. Freundlicherweise kam bald wieder ein Auto, dessen Fahrer uns nach links schickte.
Die Landschaft wurde immer grandioser, die Staubstraße war nicht all zu schlecht, das Wetter war großartig, so sind wir munter weitergerumpelt und haben die phantastischen Aussichten genossen. Nur mit einem Übernachtungsplatz sah es nicht sehr gut aus – enge Straße, rechts ging’s steil rauf, links steil bergab. Endlich hatten wir einen Platz gefunden, an dem die Piste recht breit war und wir niemanden behindert hätten. Gerade als ich dabei war, das Abendessen zu richten, hielt ein LKW, der Fahrer kam und meinte recht besorgt, wir könnten da nicht stehen bleiben. Die Leute in der Gegend seien sehr eigen und kämen mit Gewehren – es sei viel zu gefährlich für uns. Normalerweise geben wir nicht allzu viel auf so etwas, aber zuvor hatte uns schon ein Autofahrer gewarnt.  Das gab uns dann doch ein wenig zu denken, wir haben unser Abendessen verspeist und sind weitergefahren. Was im Dunklen auf einer unbefestigten, engen, kurvigen Straße ohne jede Beleuchtung nicht wirklich lustig ist.
Nach ca. einer halben Stunde hatten wir ein Dorf erreicht, in dem wir einfach mitten drin stehen geblieben sind. Und hatten, da auf ca. 2.200 Metern Höhe, die bisher kälteste Nacht. Nur 4° in der Früh beim Aufstehen, da war ich schon froh um meinen Zimmerservice - Klaus steht immer tapfer als Erster auf und macht den Kaffee.
Recht bald sind wir dann aufgebrochen und das war auch gut so, denn wir hatten noch einiges vor uns; weniger an Weg, mehr an Zeit. Nachdem ein Dorfbewohner die richtige Richtung gewiesen hatte, sind wir auf einer recht schlechten Staubstraße Richtung Urique, einem Ort im Nationalpark der Barrancas, geholpert. Erst ging es nur durch Wald, bald aber gab es grandiose Aussichten, die immer phantastischer wurden. Da brauchte es schon einige Zeit, weil wir immer wieder anhalten und gucken mussten. Auf der größten Höhe des Canyons del Urique ist ein aufwendig angelegter Mirador – ein Aussichtspunkt – der einen wirklich atemberaubenden Panorama-Blick auf die Landschaft bietet. Der Vergleich mit dem Grand Canyon ist sicher gerechtfertigt, wenn sich hier die Natur nicht gar noch ein wenig mehr angestrengt hat.
Und wir waren völlig alleine, außer uns kein Mensch weit und breit.
Der Mexiko-Straßenatlas zeigte eine Straße von Urique nordwärts Richtung Eisenbahn zur Barranca del Cobre, so hätte man den Naturpark durchqueren können, was wir uns ganz toll vorgestellt haben. Von oben waren einige Wege/Straßen/Pisten erkennbar, die uns optimistisch stimmten. So haben wir uns also tapfer die staubigen Serpentinen runter ins Tal nach Urique gequält, um dann da zu erfahren, dass es eine solche, befahrbare, Straße nicht gibt. Dafür gibt es Anfang März einen Marathonlauf durch die Berge mit ca. 120 Teilnehmern aus aller Welt. Toll – aber das war nicht so ganz das, was wir wollten.
Also haben wir uns wieder die ca. 1.700 Höhenmeter nach oben gearbeitet, um eine andere Straße, weiter westlich, zur Barranca del Cobre zu versuchen, die auch im Mexiko-Atlas verzeichnet ist. Das klappe relativ gut und in einem kleinen Dorf fanden wir einen netten Übernachtungsplatz. Am nächsten Morgen ging es auf einer recht guten Piste weiter, wir fanden die Eisenbahn-Trasse, waren nur ein wenig irritiert, wie es im nächsten Ort am Bahnhof weiter gehen könnte.  Vor dem Waggon die Gleise überqueren und dann steil abwärts –darauf muss man erst mal kommen….
Durch eine sehr schöne Berglandschaft ging es prima dahin, nach einigen abenteuerlichen Baustellen tat sich eine schöne breite Asphaltstrasse auf, deren Komfort wir nach zwei Tagen Gerumpel über Staub-Pisten sehr genossen haben. Und wieder einmal stimmte nix: der Straßenverlauf nicht mit dem in den Karten überein, die Hinweisschilder brachten nur zusätzliche Verwirrung und das naseweise Navi-Fräulein hatte noch eine ganz andere Idee. Der wir, wagemutig wie wir nun mal sind, spontan folgten. So sind wir – vermutlich – an dem einzigen Punkt gelandet, von wo aus man eine tolle Aussicht in die Barranca del Cobre hat. Jedenfalls kostete die Zufahrt 20 Pesos pro Nase (ca. 1,25 €) und dafür gab es aufwendig angelegte Aussichtsbalkone. Schon sehr schön, aber man kann nicht recht weit in den Canyon hineinsehen, da war Urique um einiges spektakulärer. Da hatte man ein gigantisches Panorama vor sich, konnte bis ins Tal hinab sehen und eben auch hinunterfahren.
Da stimmt Klaus’ Lieblings-Spruch mal wieder: je schlechter die Straße, desto schöner die Landschaft. Es ist halt um einiges mühsamer, dort hinzukommen. Zur Barranca del Cobre kann man inzwischen von Chihuahua aus ganz komfortabel auf einer breiten Teerstraße fahren, hat dafür aber auch weniger Aussicht. Für uns jedenfalls hatte sich die Mühe gelohnt, die Strecke, die wir gefahren sind, ist unglaublich schön und spektakulär. Vielleicht weiß man aber auch nur die Schönheit der Landschaft zu schätzen, wenn es einem nicht gar so leicht gemacht wird.