Sonntag, 25. März 2012

Affenzirkus


Zwei Tage Rast bei der Source bleue waren ganz sinnvoll, um endlich die letzten Sanddünen aus dem Auto zu entfernen, Decken und Polster auszustauben, derweil Klaus unterm Auto lag und ein wenig gerichtet hat. Übliche Arbeitsverteilung halt: er außen, ich innen, was sich ganz gut bewährt hat.
Um die Heimfahrt noch ein wenig abwechslungsreicher zu gestalten, haben wir noch ein paar Abstecher in den Atlas gemacht. Ein Rundkurs, der zwischen Hohem und Mittleren Atlas führt, war leider nicht komplett möglich, weil ein Teil der Piste durch eine Steinlawine versperrt war, die Alternative war in einer Kurve etwas sehr eng für das große Auto.  Eine Nomadenfrau erklärte uns gestenreich, wie wir weiter kommen könnten, der Empfehlung sind wir auch gefolgt, weil wir nicht umkehren wollten. Unterwegs trafen wir immer wieder Schafhirte, die uns freundlich begrüßten und allesamt Zigaretten schnorrten.  Da wir uns noch in Mauretanien reichlich eingedeckt hatten ( ca. 3 – 9 € für eine Stange), konnten wir großzügig sein. Auch ist das eine andere Sache als die Leute, die einen an den Hauptstraßen mit allen möglichen Tricks anhalten und einem dann was verkaufen oder einen anbetteln wollen.  Sehr beliebt: per Geste oder mit einer leeren Flasche winkend um Wasser bitten.  Wer ist schon so hartherzig und verweigert armen Leuten einen Schluck Wasser – und schon haben sie dich….
Je nun – dieser Ausflug in den Cirque de Jaffar war schon schön, leider das Wetter nur teilweise. Aber wir konnten dennoch ein paar schöne Ausblicke auf den Djebel Ayachi erhaschen, ehe gegen Mittag alles wieder in Wolken lag.
Bei Azrou sollte es in einem Naturpark eine uralte, sehr große Zeder geben, also sind wir dorthin gerumpelt. Um haufenweise Andenkenbuden und sonstigen Touristenzirkus zu entdecken. Die Zeder war ein mehr als toter Baum und sicher nicht die Attraktion dieses Platzes, die waren ganz offensichtlich die Berberaffen, die dort herumturnten.
Ein Stück weiter haben wir einen schönen Übernachtungsplatz im Wald gefunden und hatten am nächsten Morgen das ganz große Affentheater rings ums Auto.
Eine ganze Horde tobte herum, richtig putzig war natürlich der Nachwuchs, der von den Bäumen aus Wettspringen aufs Autodach veranstaltete und dort herumpolterte. Ein gesetzterer Affenherr hockte im Geäst genau vor unserem Badezimmerfenster und beobachtete uns neugierig bei der Morgentoilette.
Vermutlich fanden die es genauso lustig, uns zu beobachten wie wir, uns über sie zu amüsieren.
Es ist doch immer wieder schön, wenn man Programm geboten kriegt, das man gar nicht gebucht hatte.
Mittlerweile sind wir in Fes, haben uns den Luxus eines recht teuren Campingplatzes geleistet und sind ein wenig frustriert. Weder gibt es die versprochenen warmen Duschen noch ist eine Internetverbindung herzustellen. Hoffen wir, dass da noch nachgebessert werden kann.


Durch den Hohen Atlas


So richtig toll war das Wetter auch am anderen Tag nicht, so haben wir uns den Weg zum Toubkal geschenkt, sind Richtung Marrakech weitergefahren, um Küche, Keller und Tank wieder aufzufüllen. Aber auf dem Weg dahin konnten wir doch noch einige Ausblicke auf Toubkal & Nachbarn erhaschen.
In Marrakech überkam uns nicht gerade die große Lust auf das Touristenprogramm angesichts der angebotenen Attraktionen. Man mag uns Banausen heißen, aber viel mehr vom Land kriegt man doch abseits der großen Städte mit ihrer musealen, potemkinschen Kultur mit, finde ich.  Immerhin haben wir bei unserer Versorgungs-Tour ein ähnliches Programm absolviert wie die Leute im Sightseeing-Doppeldeckerbus.
Und so machten wir uns auf den Weg zum nächsten Pass über den Atlas, den Tizi-n-Tichka. Der uns dann doch von der Schönheit des Hohen Atlas überzeugen konnte. Das Wetter war auch perfekt – was will man mehr?
Natürlich fehlte auch Rotel-Tours nicht, wie kann es anders sein an schönen Stellen auf der Welt.  An einem Aussichtspunkt war natürlich ein ausgiebiger Plausch mit Sepp, dem Fahrer, angesagt.  Klaus war neidisch auf seine vielen, vielen PS und er vermutlich auf unsere Unabhängigkeit. Tja… Wir sind halt im Einfamilienhaus unterwegs, die Rotel-Leute in einer Mietskaserne.
Mittlerweile war mal wieder ein wenig Wäsche waschen angesagt und da es hier an Campingplätzen, vor allem mit Waschmaschine, mangelt, hatten wir unsere eigene in Betrieb genommen. Eine Plastiktonne mit Deckel, in die man Wasser, Waschpulver und die Wäsche einfüllt, ca. einen Tag lang im Auto durch die Gegend rumpelt und schon ist alles sauber. An einem Bergbach fanden wir eine ideale Stelle zum Spülen, was einige Frauen, die dort auch gerade wuschen veranlasste, ihre Arbeit umgehend einzustellen, sich die besten Plätze zu sichern und den bekloppten Europäern zuzugucken.
Wenn die dann mal nicht daheim ihren Männern erklärt haben, dass Wäsche waschen in Europa durchaus auch Männerarbeit ist.
Denn gerade als wir fertig waren, kamen Männer, die eine große Ziegenherde über die Straße einen Hang hinauf trieben.  Ich weiß ja nicht, was die einfachere Arbeit ist.
Frisch gewaschen, gut gelaunt und sonnenbeschienen konnten wir den Rest des Hohen Atlas genießen.
Um uns dann auf die Straße der Kasbahs zu begeben. Die Kasbahs sind größere Gebäude, in denen Familien/Stammesverbände wehrhaft zusammen lebten. Tolle Sache, die aber wohl auch hier nicht mehr so richtig funktioniert, da sie meist verfallen sind.
In Ait-Ben Haddou ist eine zum Unesco-Weltkulturerbe erklärt worden. Sieht auch wirklich toll aus. Aber sie ist nur deshalb so spektakulär und ein Touristenmagnet, weil Orson Wells sie als Kulisse für einen Film hat herrichten lassen.
Das ist so eine Schnittstelle zwischen Schein und Realität – die Hollywoodisierung des
Lebens….??
Am nächsten Tag gondelten wir weiter die Straße entlang, die im Übrigen auch noch durch ein Rosen-Anbaugebiet führt. Überall wird Eau de Rose angeboten, wobei die Marketingstrategie noch ein wenig ausgefeilt werden sollte. Ein Laden hatte ein Gestell mit jeder Menge Gaskartuschen vor der Tür und darüber ein großes Schild „Eau de Rose“.  Mit der Verpackung täte ich das ja nicht so gerne kaufen….
Da wir noch mal eine Ladung Wäsche zu spülen hatten, haben wir einen Abstecher in die Gorge du Todra gemacht. Nee, nicht nur deswegen, die Schlucht ist schon wirklich sehr schön und den Weg allemal wert. Vor allem aber, wenn man beim Touristenbusse-Umkehrpunkt weiterfährt. Hinter den Souvenierständen tummeln sich noch ein paar Verwegene, die Klettern üben und dann ist man alleine mit der grandiosen Geologie des Gebirges.
Und wir hatten das Glück, zwei Steinböcke zu beobachten. Die waren unten im trockenen Flussbett, sprangen in den Hang, als wir näher kamen, spazierten dann aber einige Meter im Berg gemütlich vor sich hin. Die sind perfekt getarnt, wir konnten sie im Hang nur entdecken, weil wir sie zuvor nach oben haben laufen sehen.
Ausgerechnet da fuhr ein britisches Auto an uns vorbei, dessen Insassen vermutlich dachten: Die spinnen, die Deutschen. Hocken da und glotzen eine Felswand an. Wenn die gewusst hätten, was wir da angucken! Und das wir nur 50 % Deutsche sind, haben sie auch nicht gesehen.
Vielleicht sind wir ja wirklich ein wenig schräg, denn eigentlich hat uns dennoch der Anti-Atlas einen Tick besser gefallen. Der ist karger, unzugänglicher und viel weniger erschlossen. Wir hatten nichts erwartet und fanden uns unversehens in einer grandiosen Landschaft. Das sind so die Freuden des Reisens.

In den Atlas


War auf der Hinfahrt der Atlantik eher grau und nicht sehr einladend, hatten wir nun ein strahlend blaues Meer als Kulisse bis Tan-Tan Plage.  Ab da geht die N 1 im Landesinneren weiter und in Tan-Tan konnten wir wieder die Gendarmerie beim Abkassieren beobachten. Am Ortsrand gibt es einen Kreisverkehr, der – Gipfel der Unsinnigkeiten! – innerhalb des Kreises an jeder Zufahrt Stop-Schilder stehen hat.
Natürlich beachtet die niemand, der es nicht besser weiß, und bei der Hauptausfahrt steht die Polizei. Wenn das nicht eine pfiffige Idee ist, die Gemeindekasse aufzubessern…
Noch ein ganzes Stück ging’s weiter nach Norden, durch die westlichen Ausläufer des Anti-Atlas. Bei Tiznit sind wir nach Osten abgebogen, hinein in den Anti-Atlas.  Die Straße hat ganz zu Recht in den Karten die grüne Kennzeichnung, die Kulisse zu beiden Seiten ist wunderschön. Da sie zwar ein wenig eng und sehr kurvenreich, aber prima geteert ist, hat es uns dann nicht groß gewundert, als wir in Tafraout eine ganze Heerschar von weißen WoMos sahen. Das ist schon ein schöner Platz zum Überwintern, ganz ohne Frage.
Keine Frage war aber auch, dass Klaus da nicht bleiben wollte, zudem war es noch ein wenig früh am Tag.  So sind wir noch ein gutes Stück weitergefahren, bis wir ein hübsches Plätzchen inmitten blühender Bäume fanden. Allerdings wurde es bald recht schattig, immerhin waren wir ca. 1.600 Meter hoch. Temperaturen im beinahe einstelligen Bereich sind wir gar nicht mehr gewöhnt und so war Puscheldecken-Einsatz nötig. Und Socken für mich….
Aber der Frühling ist schon heftig ausgebrochen, es grünt und blüht, soweit es die karge Landschaft zulässt.
Am nächsten Morgen hatten wir dafür das ganz große Auto-Kino. Ein wenig die Straße weiter und es gab beinahe atemberaubende Panoramen. Die in ihrem Ausmaß gar nicht zu fotografieren und auch nicht zu schildern sind – man muss es gesehen haben.
Entweder haben wir einen seltsamen Geschmack oder es hat bisher noch niemand so recht die Schönheit dieses Gebirgszuges entdeckt. Wir waren jedenfalls beeindruckt und hingerissen.
Und fuhren ganz erwartungsfroh Richtung Hoher Atlas, erst mal durch eine schöne Ebene, voll mit Orangenplantagen. Bis wir dann den Tizi-n-test, einen Pass mit knapp 2.100 Metern, hochgekrabbelt sind.  Ja, schon sehr schön, aber wir waren nach dem ganz großen Kino zuvor offensichtlich verdorben.  So wild und gefährlich, wie im Lonely-Planet-Führer geschildert, war die Straße nun wirklich nicht, da haben wir schon ganz andere Sachen erlebt. Und bergmässig wars hoch, nett angeordnet, aber nicht wirklich spektakulär.
Entschuldigend muss man vielleicht dazu sagen, dass das Wetter schlechter geworden ist.  Hatten wir in der Früh noch strahlenden Himmel mit viel Sonne, so hatte es sich später immer mehr bewölkt und oben am Pass wehte ein recht frischer Wind.
Wollen wir hoffen, dass das Wetter sich bessert und wir wenigstens noch einen Blick auf den Toubkal, den höchsten Berg Nordafrikas, werfen können.


Zurück in Marokko


Eigentlich erst in Westsahara, das ja noch nicht so ganz richtig zu Marokko gehört.  Aber gerade hier in Dakhla sieht man, wie viel der König investiert, um die Bevölkerung von sich und seiner Regentschaft zu überzeugen. Eine so propere, saubere Stadt haben wir selten hier gesehen und sie wird offensichtlich zur Tourismus-Metropole ausgebaut.
Was keine schlechte Idee ist, denn die Lage ist traumhaft – auf einer Landzunge im Meer gelegen, also jede Menge schöner Strand. Die Bucht ist ideal zum Baden, die Seite zum Atlantik hin ein Paradies für Surfer.
Derweil genießen das die überwiegend französischen WoMo-Rentner beim Überwintern und sonntags bevölkern die Einheimischen die Gestade. Wir fanden uns unvermittelt mittendrin, was aber ziemlich lustig war. Die Leute sind überaus freundlich, in Maßen neugierig, wir bekamen Tee gebracht und natürlich war auch wieder kompetente Autohilfe gefragt.
Entenhausen ist tatsächlich überall, also auch hier, aber doch eher von Mutanten bevölkert.  Da ist wohl noch einiges an Entwicklungshilfe nötig.
Eingedeckt mit Obst, Gemüse, köstlichen Lammkoteletts und einem Kilo feiner Kekse für Klaus’ Frühstück sind wir dann gen Norden aufgebrochen. Es ist zwar doof, für den Rückweg dieselbe Strecke zu nehmen, aber Auswahl hat man nicht, die Pisten im Landesinneren sind vom Militär gesperrt. So bleibt nur die Küstenstraße, die aber, wie überhaupt die Westsahara, so öde gar nicht ist. Zwar gibt es auch nur Sand und Steine, die aber oft recht hübsch arrangiert.
Und wir haben schon die zweite traumhaft schöne Bucht zum Übernachten gefunden.
In denen man auch noch von den Fischern mit frischem Fisch versorgt wird. Für beide Seiten ein tolles Geschäft, denn wir zahlen gerne für eine mehr als pfannengroße, meeresfrische Dorade schlappe 4 € und der Fischer hat einen netten Nebenverdienst, den er bestimmt gut brauchen kann.
Das ist sicher einer der Vorteile, dieser Art zu reisen. Wir brauchen keine touristische Infrastruktur, haben Bett, Küche und Bad dabei. Und sogar genügend selbst erzeugten Strom, um unsere elektronische Ausrüstung betreiben zu können.
Wir fordern wenig Aufwand für uns, kriegen dafür aber eine ganze Menge geboten.
Dafür zahlen wir gerne einem Händler ein paar Dirham mehr, als er sonst bekäme. Das ist nur fair, denke ich.
Allerdings bewegen wir uns auch nicht in den touristischen Hochburgen, sind nicht wild darauf, Baedeker-Sternchen abzuhaken. Dafür amüsieren wir uns köstlich über den Unfug, der im „Lonely Planet“ Führer über Marokko steht. Bei einer Werkstatt, die Ammoniten verarbeitet, kann man angeblich prähistorische Waschbecken kaufen, es ist ständig die Rede von Felsschnitzereien – gelegentlich hat man den Eindruck, man läse einer der (saukomischen) Parodien auf genau diese Führer.
Mit den Karten ist es nicht viel besser, da ist auch eine Menge Phantasie im Spiel. Wir sind reichlich ausgestattet, dazu noch jede Menge elektronisches Futter für die technischen Fräuleins. Aber im Moment gibt es keine Chance sich zu verfahren, wir müssen nur einfach der Atlantikküste nach Norden folgen.

Samstag, 10. März 2012

Abschied


Nach einer abenteuerlichen Einkaufstour, die erst im zweiten Anlauf erfolgreich war, haben wir uns endgültig getrennt und es war ein richtig sentimentaler Abschied von den beiden Niederländern. Es hat viel Spaß gemacht, miteinander durch die Wüste zu pflügen, obwohl – oder gerade weil? – unsere Intentionen eigentlich ganz andere waren.
Aber vielleicht sind so alte und reiseerfahrene Leute wie wir Vier einfach duldsamer. Und sicher hat ein sehr ähnlicher Humor über die eine oder andere kritische Situation hinweggeholfen. Wir haben sehr viel zusammen gelacht.
In und um Nouâkchott hatte das blaue Auto viel Freude, denn ca. 90 % der umherfahrenden LKW waren Geschwister des 911er. In allen Farben gibt es die hier und auf den Roten stand oft noch „Feuerwehr“. Klaus hat vor lauter Grüßen und Winken den Arm kaum noch aus dem Fenster gekriegt und ich frage mich, für wie bescheuert die Einheimischen uns halten, die wir mit so einer Kiste zum Spaß herumfahren.
Aber jedem das Seine.
Ich jedenfalls war so bescheuert zu glauben, ich könnte gegen die gewaltigen Sanddünen im Auto mit einem Akku-Staubsauger etwas ausrichten. Egal, ob man fegt, wischt oder saugt – man schafft nur Platz für immer neuen Sand. Kein Auto, und schon gar nicht dieses, ist so dicht, um nicht permanent mit einer aparten Staubschicht auf allen Oberflächen überzogen zu sein.  Die Nasszelle war ursprünglich, wenn ich mich recht erinnere, weiß. Nun tendiert sie eher zum in den 80er Jahren bei der Bad-Keramik beliebten sahara-beige. Das sei jetzt mal allen theoretischen Wüstenfans gesagt: man hat den Sand nicht nur malerisch, oft hübsch geformt,  außen `rum, man hat ihn überall ! Zwischen den Zehen, auf dem Käsebrot, im Bett und wenn man sich schwungvoll, abfahrbereit, auf den Sitz schwingt, nimmt einem erst mal eine gewaltige Staubwolke die Sicht und die Abfahrt verschiebt sich, bis der Hustenanfall vorbei ist.
Je nun, wir sind recht zügig Richtung Norden gefahren, haben noch einen Umweg durch einen Naturpark an der Küste gemacht, der aber genau so langweilig wie die zuvor durchfahrene Strecke war. Die versprochenen Tiere waren nicht zu sehen, aber wenigstens hatten wir einen romantischen Übernachtungsplatz auf einem Felsen direkt an der Küste.
Die Grenzformalitäten waren erstaunlich rasch erledigt, sowohl in Mauretanien als auch bei der Einreise nach Marokko. Dort werden große Autos nicht mehr durch Grenzer gefilzt, sie werden geröntgt.  Ich hatte kurzzeitig erwogen, während dessen im Auto zu bleiben, damit ich sehe, was bei meinem Knie kaputt ist, denn das ist noch immer nicht sehr belastbar.
Das Nervigste war mal wieder das furchtbare Stück Niemandsland zwischen den beiden Grenzstationen. Das ist das einzig noch ungeteerte Stück der ansonsten ganz guten Trans-Sahara-Straße, die von Tanger bis Dakar führt.
Nun sind wir wieder in Dakhla und ich freue mich wie ein Schnitzel auf den Markt dort.
Lebensmitteltechnisch war Mauretanien auch eher Wüste, außer Brot, Eiern und Coca-Cola hat man  kaum was bekommen und wenn doch, war es in einem solchen Zustand, dass man freiwillig verzichtet hat. Ach, Kartoffeln gab es auch und so habe ich (man stelle sich vor!) Rösti und Reiberdatschi gemacht.  Wie war das mit der Not, dem Teufel und den Fliegen….?

Noch ein Stück nach Süden


Mit dem Guelb war unser Zielpunkt erreicht, jetzt beginnt die Rückfahrt. Bisher hatten wir sehr viel Natur pur, ohne störende Vegetation und lästige Tiere. Haha...
Nur jede Menge Sand und Steine, manchmal übereinander, meist aber nebeneinander.
Na ja, hie und da ein paar trockene Akazien und jede Menge Büschel von hartem Wüstengras gab es schon, auch mal die eine oder andere Palme, ich will ja nicht ungerecht sein.
Zwei Dornschwanzagamen huschten in ihre Höhle, als wir vorbeifuhren, eine trabte über die Piste und zweimal sahen wir einen Fennek (Wüstenfuchs) davonrennen, eine einzige Wüstenspringmaus hat Gerard gesichtet. Tierisch geringe Ausbeute, aber die meisten Viecher sind wohl nachtaktiv, was ihnen angesichts der Temperaturen nicht zu verdenken ist.
Wieder in Atar auf dem Campingplatz angekommen, trafen wir alle unsere Reisegenossen wieder.  Von den Jungs haben wir uns nun endgültig verabschiedet, die fahren mit einem deutschen Paar weiter Richtung Mali, während wir mit Wil und Gerard Richtung Nouâkchott, der Hauptstadt, aufgebrochen sind. Beinahe auf dem Weg liegt Terjit, eine hübsche Oase in einem Tal im Adrar-Gebirge, die uns einen Abstecher wert erschien. Auch wenn es ca. 10 Km Weg über rumpeliges Wellblech bedeutete, hat sich das durchaus gelohnt. Offenbar ist das die Hauptattraktion für Mauretanien-Touristen, die von Nouâkchott aus dorthin gefahren und in einem Zelt unter Palmen verköstigt werden. Das brauchten wir nicht, wir haben ja unser eigenes Catering dabei, aber es war schon nett, durch ein schattiges Palmenarrangement zu wandern und einen winzigen Wasserfall beim Plätschern zu belauschen.
Bald danach war es zuende mit dem Adrar, es wurde flach, sandig und etwas eintönig.  Ein wenig Abwechslung boten nur einige Mauretanier, die dringend Hilfe bei diversen Auto-Problemen benötigten. Man hilft ja gerne, aber es war dann doch nicht nur mit dem Ausleihen eines Schraubenschlüssels getan.  Ich bin ja nicht so `ne Technische, aber ich glaube, Klaus hatte Recht, weitere Hilfe zu verweigern, als er drauf kam, dass die Jungs, wohl ohne große Ahnung, versucht hatten, eine Antriebswelle auszubauen.
Jedenfalls habe ich vorgeschlagen, unser Auto mit einem Schild „Pannenhilfe“ zu versehen und Geld dafür zu nehmen.  
In Nouâkchott angekommen, fanden wir den Satz aus einem Reiseführer bestätigt: Es gelten weitgehend europäische Verkehrsregeln, die aber sehr individuell interpretiert werden.  Das ist eigentlich noch sehr charmant formuliert.
Aber wir fanden unfallfrei den ausgeguckten Campingplatz, nördlich der Stadt und am MEER !!!! gelegen.  Da sind wir nun, draußen braust der Atlantik, es ist warm und wir hatten ein feudales Mahl mit frisch gefangener Dorade und Gambas direkt am Strand.  Jede Menge Schwalben flattern um uns herum, was uns etwas wundert. Sollten die nicht längst auf dem Weg nach Europa sein? Vielleicht warten sie auf eine günstige Mitfahrgelegenheit, weil sie Flugangst haben….
Am nächsten morgen ging es Gerard nicht so gut, was insofern erstaunt, als das die Kakerlake doch in meinem Salat hockte.
Nachmittags wollten wir den mauretanischen Fischfang besichtigen, fanden auch tatsächlich den Küstensteifen, an denen am Nachmittag unzählige bunt bemalte Holzboote mit ihrem Fang anlegen. Unglaublich eigentlich, wie archaisch die weltweit größte „Fischproduktion“ noch funktioniert.  Mit Eselskarren wird die Ausbeute zu den großen Export-Firmen gefahren, die damit uns daheim mit „frischem“ Fisch beglücken.
Zwar hätten wir die Chance gehabt, bei den bunten afrikanischen Frauen tatsächlich fangfrischen Fisch zu kaufen, aber wir haben uns dann doch nicht getraut.
Und jetzt ist die gemeinsame Zeit endgültig zu Ende.  Wil und Gerard fahren weiter nach Senegal, sie wollen in Etappen durch ganz Afrika. Und wir werden wieder Richtung Norden fahren, uns langsam auf den Heimweg machen.
Es war eine tolle Zeit mit unserer bunten Reisegesellschaft. Die Jungs haben die halbe Sahara beim Autos ausbuddeln umgegraben und hatten einen Heidenspaß beim Dünen-Surfen. Wil hat ihre Angst vorm Steckenbleiben verloren, Gerard weiß nun, dass seine Sandbleche doch nicht nur überflüssiger Zierrat am Auto sind und Klaus versteht eine Menge mehr Niederländisch. Während ich meine rudimentären Kindheits-Sprachkenntnisse aktiv anwenden konnte. Wohl sehr zur Erheiterung der Niederländer, vor allem, als ich – beinahe perfekt – auf Holländisch sagte, dass ich es zwar verstehe, aber nicht sprechen kann.


Donnerstag, 1. März 2012

Ouadane und dann…


Im Mittelalter war der Ort ein wichtiges Handelszentrum, von der alten Stadt sieht man noch die Ruinen am Berghang, oben ist der neuere Teil. Den wir frequentierten, weil wir Brot brauchten. Eine Frau führte Wil, Gerard und Klaus zu einem Haus, wo man welches bekam und lud uns alle dann zum Tee ein. Also humpelte ich mit (das Bein ist noch nicht sonderlich belastbar), schon ein wenig skeptisch. Und wir erlebten eine Tupper-Party à la Mauretaine.  Die Frau hatte wohl alle ihre Freundinnen angerufen (Mobiltelefone gibt es auch hier), die sogleich mit Tüten, Taschen, Beuteln angerückt kamen, um deren Inhalte auf Tüchern zu drapieren und uns zum Kauf von allen möglichen Souvenirs zu animieren.  Aber es war wirklich nichts dabei, was wir eventuell aus reiner Höflichkeit hätten kaufen können.  Selbst Wil, die noch bereit war, ein paar bunte Kettchen und Armbänder für die Enkel zu erwerben, war von den Preisen abgeschreckt.  Sowas machen sich die Kinder bei uns für weniger Geld selbst.
Dumm gelaufen, da muss wohl noch an der Verkaufstaktik gearbeitet werden.
Weiter zum Guelb er Rîchat gibt es zwei Pisten, eine sandige und eine steinige. Da Wil und Gerard vom Sand genug hatten, wählten wir die steinige Variante. Die aber so übel ist, das wir uns nach kaum 2 Km zum Umkehren entschlossen.  Unfahrbar, eine Qual für Mensch und Material. Und so entschlossen sich die Holländer, auch nach Atar zurückzukehren.  Erst mal also Abschied, aber wir treffen uns wieder, vielleicht noch in Atar, sonst in Nouakchott in ein paar Tagen.
Da Klaus seine Ziele nicht so schnell aufgibt, sind wir über die sandige Piste weitergefahren. Und mussten nach ein paar Kilometern dem Auto mit viel Blecheinsatz über ein kuschelweiches Oued helfen. Wobei „wir“ nicht stimmt, denn ich bin außer Gefecht, Klaus muss alleine schuften.
Zu allem Überfluss kam uns, als wir beinahe durch waren, ein uralten Landrover entgegen, dessen Fahrer erst ein wenig beim Blechtransport half und dann selbst heillos fest hing, sein 4WD war kaputt. Bleche hatte er natürlich nicht. So hat Klaus im noch mit unseren Leitern übers Oued geholfen.
Am nächsten Morgen kamen wir überraschend schnell  und ohne einzusanden voran, erreichten den Guelb er Rîchât viel eher als gedacht und der bislang recht trübe Himmel hellte sich auch noch auf.  Es muss spektakulär sein, diese ringförmigen Hügelketten von oben zu sehen, bei ca. 40 Km Durchmesser soll das „Ochsenauge“ auch vom Satelliten erkennbar sein.  Wir haben uns vorgestellt, wie toll es sein muss, mit einem kleinen Flugzeug darüber zu kreisen. 
Leider ist es uns nicht gelungen, den gesamten Kreis zu durchqueren, eine große, unbefahrbare Düne versperrte die Piste.  Mit sehr viel Zeit und Geduld hätten wir vielleicht einen anderen Weg gefunden, aber wir haben Vorräte nur noch für ca. eine Woche – haha.
Also haben wir Kehrt gemacht, sind denselben Weg zurückgefahren und sogar mit weniger Blecheinsatz über das Oued vor Ouadane gekommen. Und ich konnte schon wieder ein wenig beim Herumtragen mithelfen, das Knie bessert sich.
Aber am Scherz vorher ist schon was dran: ein Vorankommen in diesem Land ist nicht einfach. Erkennbare Pisten gibt es nur sehr wenige, sich selbst einen Weg zu suchen ist wegen des sehr unterschiedlichen Geländes nicht einfach. Stein, Schotter, Sand – und der hart, weich, hubbelig – wechseln unvermittelt. Da braucht man Zeit und Geduld.

Wüste verwüsten



Die Dünenlandschaft hinter Chinguetti ist unglaublich schön. Man fährt durch ein Oued (trockenes Flussbett), links und rechts die Dünen, mit Palmen davor, zwischendrin stehen malerisch Kamele herum - Bilderbuchwüste.
Nur sind Foto-Stops leider kaum möglich, der Sand ist sehr weich und da empfiehlt es sich, zügig durch zu fahren.  Als wir das Oued verlassen hatten, wurde es etwas holpriger und eine Piste war nicht mehr zu erkennen. Also ging es der Nase nach (und den Gegebenheiten des Geländes) weiter, aber wir haben tatsächlich das als Wegpunkt im Navi angegebene Dorf genau getroffen. Große Freude, die aber gleich danach in argen Frust umschlug, denn wieder ging es in einem Oued weiter, das so weich war, das wir gleich drauf allesamt steckten. Erst wir, ca. 500 Meter weiter der MAN und dann  auch noch die Jungs, als sie pendelten, um Beiden beim Bleche schleppen zu helfen.
Wenigstens hatten wir nach gelungener Befreiungsaktion einen netten Biwak-Platz gefunden, sogar mit genug Holz für ein zünftiges Lagerfeuer – und um den Müll zu verbrennen.
Am nächsten Tag hatten wir, wieder wegen fehlender Pisten-Spuren und schwierigem Gelände, die Idee, etwas südlich einen Weg zu suchen und steckten richtig unkomfortabel fest. Die wunderschöne Dünenlandschaft entschädigte nur partiell für die Beschädigung an Auspuff und Gastank durch die Sandleitern. Während Klaus reparierte, amüsierten sich die Jungs mit 4WD-Surfen über die Dünen, wobei Martins Wüsten-Blues schnell verflog. Andi und Martin hatten bei  ihrer Spaß-Tour 2 Kamele gejagt und ein Video davon gemacht. Bezeichnenderweise lief dabei in ihrem Auto der Song „It’s a mens world“ – besser konnte man das nicht kommentieren. 
Aber Ouadane erreichten wir immer noch nicht, denn vor einem Dünenkamm war nicht klar, ob es links oder rechts rum geht. Wir vertrauten dem Navi, fuhren rechts und -Überraschung, Überraschung - steckten fest.  Jetzt hatten dann doch beinahe alle Teilnehmer dieser Gruppenreise die Nase voll.  Mit großen Autos im Sand spielen mögen die großen Jungs ja gerne, aber sie immer wieder ausbuddeln zu müssen, ist dann doch nicht mehr ganz so lustig.
Die Jungs machten sich zu einer kleinen Siedlung in der Nähe auf und erfuhren dort, das noch am Abend jemand nach Ouadane fährt (links rum), so beschlossen sie, am nächsten Morgen in der Früh den Spuren zu folgen und sich dann gleich auf die komfortablere Piste zurück nach Atar zu begeben.
Auch wir konnten andern Tags den Spuren folgen, es ging über hügeliges Dünengelände ganz problemlos dahin, was richtig Spaß machte. Und dann war endlich Ouadane erreicht.
Und an einer Pistenkreuzung trafen wir unsere Jungs wieder.  Sie waren im Ort und nun tatsächlich auf dem Weg zurück nach Atar.
Vielleicht treffen wir uns noch mal irgendwo…

Durch das Adrar


Atar ist zwar ein nettes Städtchen, aber von maurischer Kultur haben wir nichts mehr entdecken können.
Weil die französische Regierung nach der letzten Entführung 2009 ganz verschärfte Reisewarnungen ausgesprochen hat – Reisen auf eigene Gefahr, keinerlei Hilfe zu erwarten, weder bei Krankheit noch bei Unfall, schon gar nicht bei Entführungen – gibt es hier kaum mehr Touristen. Das gerade aufgeblühte Tourismus-Geschäft liegt völlig am Boden, was bei uns den Eindruck erweckte, man will nun von den paar Unerschrockenen alles herausholen, was ihnen entgangen ist. Beim Einkaufen muss man höllisch aufpassen, will man nicht restlos über den Tisch gezogen werden und die ständigen Begleiter, die auch schon in Marokko nervten, sind hier eine rechte Plage. Vermutlich lernen die Kleinkinder als erstes Wort nicht etwa „Mama“ sondern „cadeau“.
Klappt es nicht mit dem Geschenke erbetteln, wird alles angeschleppt, was man eventuell an Touris verhökern könnte. Da muss man hartnäckig Verweigerungshaltung zeigen und zur Not auch mal ein wenig laut werden. 
Mittlerweile sind wir in Chinguetti angekommen, die 7. wichtigste Stadt des Islam. Hier haben sich früher die Moslems von Nordafrika getroffen, um ihre Pilgerreise nach Mekka anzutreten. Leider konnte ich nicht mit auf die Besichtigungstour, weil ich es mir nicht verkneifen konnte, am Tag zuvor mit Andi einen Hang herunter zu klettern und zu einer malerischen Ruine zu laufen.  Das ist ein Gebäude aus den 80er Jahren, das nur für eine Filmkulisse errichtet wurde. Kann man verstehen, denn die Landschaft um den Pass d’Amogjar ist wirklich unglaublich schön.
Das wieder raufklettern zwischen Steinen und Sanddünen ging ganz gut für eine alte Frau, nur musste ich Dödel bei den letzten Zentimetern über eine kleine Felsspalte stolpern und es hat mich ordentlich hingehauen. Ein Knie ist angeschlagen und tut ziemlich weh. So kann ich im Moment nur mehr oder weniger auf einem Bein herumhopsen. Und das, nachdem ich mir eine von Gerards eisernen (wir haben Alu) Sandleitern vors Schienbein gedonnert habe und mir dann noch unsere Küchentür gegen den Ellbogen geknallt ist.
Ha – aber dafür bin ich erst mal vom Bleche schleppen befreit! Hier in Chinguetti fängt es wieder heftig an mit Sanddünen, die Stadt ist schon halb zugeweht. Weiter nach Ouadane geht es durch ausgedehnte Dünen, da werden wieder Hilfsmittel zum Einsatz kommen müssen.  
Martin hat den Wüsten-Blues, was ich ein wenig verstehen kann. Der Sand kommt einem buchstäblich zu den Ohren raus, der Wind nervt und das Kamel steppt nicht gerade in dieser moslemischen Ödnis. Andi ist anders drauf, der springt überall herum und tut sich leichter, weil er recht gut französisch spricht. So ist er unser offizieller Reise-Sprecher, der alles regelt, wo wir und die Niederländer uns mit den  paar vorhandenen Sprachbrocken schwerer täten.
So eine zufällig entstandene, bunt gemischte Reisegesellschaft ist schon ein sehr interessantes Projekt. Mal sehen, wie lange es hält und was dabei herauskommt. Sicher auf allen Seiten jede Menge neuer Erfahrungen, aber erst mal macht es allen mehr Spaß zusammen, als alleine zu fahren.