Montag, 24. Juni 2013

Arktischer Sommer

Inuvik ist nicht gerade reich an touristischen Attraktionen, es ist eine künstlich entstandene Stadt, um die Öl- und Gasbohrungen am Nordmeer versorgen zu können. Die große Herausforderung war, im Permafrost-Gebiet eine Siedlung zu bauen. Die Häuser stehen auf Pflöcken, um zu verhindern, das durch die Erwärmung durch das Haus der Frost taut, denn dann würden die Häuser im Matsch versinken. Die Wasserleitungen sind oberirdisch und auch auf Stützen gelagert – es scheint alles gut zu funktionieren.
Mit der Stadtbesichtigung waren wir ziemlich schnell durch, aber es war eh derart heiß, da hielt sich der Unternehmungsgeist in Grenzen. Es hat auch wenig Sinn, mit dem aktiven Programm bis zum Abend zu warten, denn es wird einfach nicht kühler. Nur ein klein wenig, wenn die Sonne ihren Tiefpunkt erreicht hat, aber das ist vielleicht für 2-3 Stunden. Natürlich ist das keine Beschwerde, ich hatte mir nur „arktische Temperaturen“ ein wenig anders vorgestellt, eher mit einem Minus vor den 30°. So wie es die Autonummern-Schilder suggerieren: Polarbär-Land!
Sind diese Schilder nicht allerliebst?

Am 21.6. war nationaler Aboriginal-Tag, der mit großem Programm begangen wurde.  Um 10 Uhr sollte es ein großes Frühstück geben, das allerdings wegen mangelnder Organisation erst gegen 11 Uhr allmählich begann, die angekündigte Parade danach fand gar nicht erst statt. Aber dann, ab Mittag, ging es richtig los. In einer Art Park waren die üblichen Volksfest-Belustigungen aufgebaut: Hüpfburgen, Losbuden, Fress-Stände, Bühne; von der die Honorationen ihre üblichen Begrüßungsfloskeln absonderten. Es folgte der musikalische Teil, 3
ältere Herren mit 2 Gitarren und einer Fidel spielten so was wie Countrymusic, wobei der Fiedler meist haarscharf daneben traf, in  etwa die Qualität von Florence Foster Jenkins. Die Jungs begleiteten dann eine putzige Kinder-Tanzgruppe, die auch tanzmäßig noch in den Kinderschuhen steckte. Aber Spaß hatten sie offensichtlich und das ist ja das Wichtigste.
Sehr lustig waren dann Kostproben der „Nordic Games“, einer Art Olympiade der bekloppten Sportarten. Am Boden sitzen, einen Fuß mit einer Hand festhalten, hochhüpfen und mit dem anderen
Fuß einen kleinen Ball treffen, der an einem Galgen hängt. Auf allen Vieren oder auf dem Hintern sitzend Seil springen. Davon gab es einige Varianten, die mit viel Spaß, Gelächter und  Anfeuern vom Publikum (am eifrigsten von den Kindern) vorgeführt wurden. Und dann kam „Blanket toss“, das
unzweifelhafte Highlight. Mittels eines Sprungtuchs - von ganz vielen Leuten,  die sich weitgehend aus dem Publikum rekrutieren – wird ein Freiwilliger so hoch wie möglich in die Luft geschleudert. Und natürlich wieder aufgefangen. Ein ganz großer Spaß für Jung und Alt! Danach wollten wir eigentlich das Fest für uns beschließen, aber die Inuvik Drummer & Dancer
mussten wir dann doch noch angucken.

Nach der Abfahrt aus Inuvik haben wir das Nachtlager wieder, wie bei der Hinfahrt, hoch über einem Fluss aufgeschlagen. War einige Tage zuvor kaum eine Mücke anwesend, waren nun geradezu Myriaden davon rund um uns. Die auch das winzigste Schlupfloch fanden, um uns innen im Camper zu belästigen, der eigentlich recht professionell mit Insektengittern ausgestattet ist. Den gesamten Abend haben wir damit zugebracht, alle winzigen Schlupfstellen dicht zu machen, von denen man einfach nicht annimmt, dass da noch ein winziges Insekt durchkommt. Und die halbe Nacht haben wir damit zugebracht, die Mistviecher zu erlegen, die
trotzdem noch ’reingekommen sind.
6 Tage zuvor hatten wir an dem Platz ein goldiges älteres Paar aus Oregon getroffen. Beide 90 Jahre und noch mit dem Camper unterwegs. In Inuvik waren wir Nachbarn auf dem „Happy Valley“ Campground und die Beiden wurden auf dem Fest als „Touristen des Jahres“ geehrt. Weil schon so alt und noch so einen weiten Weg gemacht… weil auch noch 71. Hochzeitstag… und sicher, weil die Beiden wirklich ganz liebenswert sind.
Waren wir nach der schrecklichen Mückennacht nicht wirklich ausgeschlafen und etwas entnervt, war es eine freudige Überraschung, die beiden kommen zu sehen. Ein netter Plausch und eine warme Verabschiedung rücken die Welt schnell wieder gerade.

Als  übernächstes „Nachtlager“ haben wir, wie auch schon bei der Hinfahrt, den Ogilvie-Aussichtspunkt angefahren. Kaum standen wir, kam ein deutsches LKW-WoMo vorbei. Wir saßen gerade gemütlich zu Viert beim Kaffee, kamen „unsere“ Holländer. Die wir unterwegs mal verloren hatten und eigentlich am nächsten Tag (möglicherweise….) in Dawson getroffen hätten.
Das Wetter wurde ungemütlich, es gab Regen und Gewitter. Die Deutsche fuhren ein Stück nach Süden, die Holländer weiter nach Norden. Wir blieben und ganz bald kam ein Camper mit einem Paar, das wir beim Aboriginal-Frühstück kennen gelernt hatten. Irgendwie und irgendwo trifft man sich immer wieder….


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